Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Ein Statement von Foreward im InfoLink-Diskussionsforum am 14. 10. 2000

Diskussion: Neuapostolische Kirche

Ich habe daraus folgende Punkte entnommen:

Es gibt offensichtlich einen beachtlichen Teil Menschen, die folgende Punkte in

ihrem Leben brauchen. Für sie scheinen absolutistische Kirchen das einzig Richtige

zu sein (ich gehöre nicht dazu!):

1. Die intensive persönliche Art der Betreuung von Gemeindemitgliedern (ohne

Überwachungsterror!)

2. Das Bedürfnis nach völliger Heilsgewissheit wird abgedeckt. Wenn das

Dogmensystem verinnerlicht wird und entsprechend gehandelt, verspricht die

Kirche das Heil.

3. Das Bedürfnis nach einer überschaubaren antrogonistisch ausgerichteten Welt

wird gestillt. Die Sehnsüchte nach Eindeutigkeit wie wir sie aus Märchen und

Mythen kennen, werden befriedigt. Die Schafherde Jesu kämpft gegen die böse

Welt da draussen (kommt mir bekannt vor).

4. Verehrung von göttlichen Gestalten: Bei den Neuapostolen sind das die Apostel,

bei den ZJ die leitende Körperschaft. Beide dienen als Mittler zwischen Gott und

den Menschen und wollen für das absolut anerkannt werden. Ihre Lehre hat mehr

Gewicht, als die biblische. Offensichtlich entspricht auch das einem gewissen

Bedürfnis gewisser Menschen. Mir genügt die Anbetung Jehovas und Jesu, da

brauch ich niemand dazwischen.

5. Status: Viele Menschen, besonders Männer, sehnen sich nach einem Status im

Leben. Also trachtet man nach einem höheren Amt ( Ältester, DA, KA usw.) Diese

Kirchen befriedigen auch diesen Durst. (Machtdurst???)

6. Das Bedürfnis, nicht nachdenken zu müssen, alles wird vorgekaut. Die

Gemeinschaft der Heiligen unter dem Motto: nicht nachdenken, nur nachfolgen.

Gibt man sich in den Schoss der gemeinde; man hat zwar Kontakte nach aussen,

die werden aber nur verfolgt, wenn es darum geht, neue Mitglieder zu werben.

Soweit die herauskristallisierten Punkte aus diesem Beitrag.

Im Interview schreibt der Dr. Stoffel treffend:

Nur den Frauen macht man es schwer. Die sind zum Kirchenputzen da und

verfügbar für die sexuellen Bedürfnisse ihres Mannes, darüber hinaus haben sie

nicht viel zu leisten.

Es ist klar, diese Worte sind von einem Gegner der Neuapostolen geschrieben

worden, trotzdem treffen viele Punkte auch auf die ZJ zu.

Text einer Diskussionsveranstaltung

zum Thema: Neuapostolische Kirche

Die Neuapostolische Kirche und ihre Kritiker Diskussion in S2 - Kultur (Südwest 2) am 09. Januar 1997, 17.00 Uhr. Moderator: Mit schätzungsweise über 400 000 Mitgliedern in Deutschland ist die Neuapostolische Kirche, im folgenden auch kurz NAK genannt, die drittgrößte religiöse Gemeinschaft im deutschen Sprachraum. Seit ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert hat sie eher ein von der Öffentlichkeit kaum beachtetes Dasein geführt. Nicht nur ihre enormen Missionserfolge vor allem in Afrika und in jüngster Zeit in den Ländern des früheren Ostblocks haben sie wieder mehr ins Blickfeld gerückt.

Vor allem massive Kritik von Aussteigern und entsprechende Berichte in den Medien haben die Öffentlichkeit seit den 90er Jahren wieder auf die NAK aufmerksam gemacht. Ein weiterer Faktor dafür dürfte auch die in letzter Zeit etwas offensivere Informationspolitik der Kirche selbst sein. Wir haben vor in dieser Sendung neben Streifzügen in Geschichte und Organisation vor allem die zentralen Aspekte der Lehre zu diskutieren aber auch die Kritik der Aussteiger.

Als Gäste im Studio begrüße ich Professor Helmut Obst, er lehrt Ökumenik, Konfessionskunde und allgemeine Religionsgeschichte an der theologischen Fakultät der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg. Herr Obst hat mehrfach auch wissenschaftlich über die NAK gearbeitet; vor kurzem erschien von ihm das Buch 'Neuapostolische Kirche, die exklusive Endzeitkirche?' Herr Professor Obst, wie sind Sie zur Beschäftigung mit der NAK gekommen - ganz kurz?

Prof. H. Obst: Die Theologie und auch die theologische Wissenschaft muß sich heute zunehmend auch mit den kleineren christlichen Kirchen und Randgruppen beschäftigen. Auf diesem Hintergrund ist die Auseinandersetzung mit der Neuapostolischen Kirche eine theologische wie eine kirchliche Notwendigkeit.

Moderator: Sie hätten ja auch zu anderen Gemeinschaften kommen können.... Was hat Sie an der NAK besonders interessiert?

Prof. H. Obst: Die Neuapostolische Kirche ist größte der klassischen Sondergemeinschaften in Deutschland. Sie expandiert weltweit und erfordert von daher großes Interesse neben den anderen religiösen Gruppen unserer Zeit.

Moderator: Gerd O ... ist Bischof der Neuapostolischen Kirche in Hessen und noch - glaube ich - Redakteur im Verlag Friedrich Bischoff in Frankfurt/Main, also im dem Haus, das Zentral für die Herausgabe der wichtigsten Schriften der NAK zuständig ist. Herr O..., darf ich oder dürfen wir daraus schließen, daß Sie besondere Kenntnisse von internen auch Diskussionsprozessen innerhalb der NAK haben?

Bi. O...: Ach ich glaube nicht, daß wir innerhalb des Verlages irgendwelche besondere Informationen haben, die nicht auch den anderen Bischöfen zugänglich sind, wobei natürlich durch die tägliche Beschäftigung mit der Lehre, mit biblischen Inhalten da vielleicht ein kleines Plus zu verzeichnen sein dürften, aber was Geschichte und Organisation betrifft, glaube ich nicht, daß ich da einen Informationsvorsprung habe.

Moderator: Gut, was uns später vor allen Dingen interessieren wird, ist natürlich die Frage, wie es denn mit der Reform- oder überhaupt Veränderungsdiskussion innerhalb der NAK in jüngster Zeit selbst aussieht, aber da kommen wir zu gegebener Zeit drauf ....

.. Dr. Olaf S... ist Lehrer und Psychotherapeut in Heidelberg, er war 10 Jahre lang Priester der NAK und ist im Februar dieses Jahres [1996] ausgestiegen. Herr S..., später mehr dazu, jetzt ganz kurz: weshalb?

Dr. Olaf S...: Ja, ich bin vor allen Dingen aus der Neuapostolischen Kirche ausgestiegen, weil ich mich als Christ empfinde, und in der Neuapostolischen Kirche die Erfahrung gemacht habe, daß Menschen unterdrückt werden und daß dieses neuapostolische System repressiv mit Gläubigen umgeht, und ihnen keine inneren Freiheiten läßt. Und da war die letzte Konsequenz zu sagen, ich muß gehen und ich habe es bisher nicht bereut

Moderator: Ich schlage vor, daß wir - bevor wir in eine sicher doch kontroversere Diskussion einsteigen - etwas in ein paar Minuten schnell zusammentragen, wo kommt die Neuapostolische Kirche her, was ist ihre Geschichte, was ihre Ursprünge, wie sieht ihre Organisation aus - ich denke Herr Professor Obst, da sind Sie gefragt und natürlich auch der Bischof O....

Prof. H. Obst: Im Hintergrund der Neuapostolischen Kirche stehen die katholisch-apostolischen Gemeinden, die zu Beginn des 19. Jahrhundert in England entstanden, mit dem Anspruch, daß in ihrer Mitte 12 Apostel für die Endzeit und für die Zubereitung der Christenheit auf die Wiederkunft Jesu berufen wurden. Diese katholisch-apostolischen Gemeinden trieben in Deutschland Mission, waren erfolgreich. Als die ersten Apostel starben, wurden keine neuen Apostel berufen. Dies stieß in einigen deutschen Gemeinden, vor allen dingen in Hamburg auf Widerstand und dort wurden von Propheten neue Apostel berufen. Diese neuen Apostel wurden von den alten nicht anerkannt, exkommuniziert und aus dieser Bewegung ging schließlich die Neuapostolische Kirche hervor.

Moderator: D.h. sie ist gut 100 Jahre alt. Herr O..., stößt da etwas auf Widerspruch von Ihrer Seite oder ist das so o.k.?

Bi. O...: Nein. Unsere Wurzeln sind ganz klar in der katholisch-apostolischen Bewegung, die eben von England gekommen war und mit der Exkommunikation der Hamburger Gemeinde sehen wir auch die Geburtsstunde der Neuapostolischen Kirche im Jahre 1863. Das wird von Professor Obst aber anders gesehen.

Dr. Olaf S...: Also ich würde da gerne noch etwas dazusagen: Den historischen Aspekt erwähnen, daß man in den katholisch-apostolischen Gemeinden ja dieses Testimonium formuliert hat, das an große Herrscher geschickt wurde, und da hatte man noch einen allgemeinchristlichen Anspruch; das Testimonium wurde aber in der Zeit des Stammapostel Bischoff verfälscht - man hat dieses Testimonium modifiziert und hat es so strukturiert, daß man einen Anspruch entwickelt hat, der in meinen Augen sehr absolut ist. Moderator: Was meint 'Testimonium' jetzt in dem Zusammenhang?

Dr. Olaf S...: Testimonium bedeutet, daß man ein Script verfaßt hat, in dem man die weltlichen Fürsten aufgerufen hat, sinngemäß, sich zu Gott zu bekennen, in dem man den ökumenischen Gedanken in den Vordergrund gestellt hat. Dies wurde aber, als sich die eigentliche Neuapostolische Kirche konstituiert hat, modifiziert und mir ist wichtig, auf diesen Aspekt hinzuweisen.

Prof. H. Obst: Wenn wir uns der Frühgeschichte der neuapostolischen Bewegung zuwenden, dann muß ich darauf hinweisen, daß die ersten deutschen Gemeinden, die mit neuen Aposteln in Hamburg entstanden, ebenso wie ihre Muttergemeinden durchaus noch ökumenisch, d.h. auf die Gesamtchristenheit ausgerichtet waren, und noch nicht das heute für die Neuapostolische Kirche aus meiner Sicht kennzeichnende exklusive Selbstverständnis haben; deshalb sehe ich die Geburtsstunde der Neuapostolischen Kirche im modernen Sinn erst mit der Errichtung des Stammapostelamtes im Jahre 1897.

Moderator: Wann und weshalb ist denn diese Verschiebung passiert - im Grunde genommen von einer katholisch orientierten Gemeinschaft rüber zu einer die nun doch heute wesentlich mehr an reformieren Ideen und reformierten Konzepten orientiert ist.

Bi O...: Ich glaube nicht, daß man sagen kann, daß die Kirche am Anfang katholisch orientiert war. Die ersten englischen Apostel kamen ja großenteils aus dem anglikanischen Raum und von daher war also eigentlich kein katholischer Einschlag da.

Was aber ganz richtig ist, ist daß damals eigentlich das Bestreben bestand, ökumenisch zu handeln, d.h. man wollte die Christenheit unter der Führung, unter der Leitung der Apostel wieder einen. Das ist also ganz richtig. Wobei ich aber nicht glaube, daß 1932 das Testimonium bewußt verfälscht wurde, um damit verkehrte Aussagen damals hineinzuinterpretieren; das ist auch ungefähr zeitgleich - ich weiß jetzt nicht genau wann - in Hamburg der Originaltext in Übersetztung veröffentlicht worden.

Dr. Olaf S...: Wenn Sie beide Formen des Testimoniums vergleichen, sehen Sie fundamentale Unterschiede und ich denke ein Textvergleich wird sehr schnell deutlich machen, daß man bewußt das Testimonium verändert hat um bestimmte Machtstrukturen zu installieren. Und wenn ich jetzt Ihre Frage aufgreife, denke ich daß das Stammapostelamt geschaffen wurde, weil die Neuapostolische Kirche von ihrer Struktur her hierarchisch organisiert ist. Und das Führerprinzip hat sich angeboten um die Gemeinden sozusagen festzuhalten unter einem Oberhaupt und aus Effektivitätsgründen bietet sich das an, daß eine Führerfigur da ist, die ja letztendlich dirigistisch leiten kann, entsprechend umgehen kann mit den Gläubigen und wenn wir die heutige Literatur anschauen, die es gibt über die Neuapostolische Kirche, wird das sehr schnell transparent. Ich denke an die Statuten der Neuapostolischen Kirche International, ich zitiere jetzt kurz: da werden die Apostel aufgefordert, ich zitiere: vor Gott dem Allmächtigen und Allwissenden gelobe ich dem Stammapostel im Gehorsam des Glaubens zu folgen. Nicht Jesus, sondern dem Stammapostel.

Moderator: Das ist also eine Struktur die durchaus durchaus der Hierarchie der papalistischen Hierarchie der katholischen Kirche vergleichbar ist oder sehr analog gebaut ist. Lassen Sie uns ruhig etwas über Organisation reden. Was ist ein Stammapostel, was ist ein Apostel, was ist ein Bischof? Mit was wäre das zu vergleichen?

Bi. O...: Ich möchte vielleicht ganz kurz noch einmal auf das eingehen, was Hr. Dr. S... eben sagte. Das Wort Führerprinzip hat natürlich in unserem Lande auch einen ganz speziellen Klang und die dirigistischen Motive die dahinter stehen also ich glaube daß sieht in der Realität doch etwas anders aus. Aber jetzt darauf zurückzukommen. Was sind die Aufgaben eines Apostels? Wir sehen eigentlich den Apostolat als den gesamten Amtskörper bestehend aus Apostel, Bezirksapostel und Stammapostel. Aus diesem Amt, aus dem Apostolat hervor sind dann alle anderen Ämter gegangen unter anderem auch das Bischofsamt, das ich nun trage. Als Bischof bin ich in verschiedenen Bezirken tätig. Im Fragen und Antworten-Buch finden Sie das mit dem metaphorischen Begriff umschrieben 'das mütterliche Element in der Gemeinde'. Das will besagen, daß man eigentlich sich bemüht auch verständnis- und liebevoll mit den Anvertrauten umzugehen.

Dr. Olaf S...: Also ich möchte mein Argument noch gerne untermauern und noch zwei Fakten vorbringen. In diesen Statuten heißt es z.B., daß der Stammapostel zwei Stimmen hat und es heißt weiterhin daß aufgrund seines Antrages nur die Statuten geändert werden können. Wenn das nicht absolutistisch ist, dann muß man sich die Frage gefallen lassen, was ist denn dann absolutistisch oder dirigistisch?

Prof. H. Obst: Dieses Prinzip entspricht natürlich genau dem katholischen Prinzip. Darüber dürfen wir uns nicht täuschen und darauf muß ich als Konfessionskundler hinweisen. Auch in der katholischen Kirche liegen die letzten Vollmachten ausschießlich beim Papst. Allerdings hat die katholische Kirche durch das zweite Vatikanische Konzil hier erhebliche Veränderungen vorgenommen, sowohl was die Stellung des Papstamtes in der Kirche betrifft, als auch was ihr ehemals exklusives Selbstverständnis betrifft. Ein solches zweites Vatikanisches Konzil steht bei der Neuapostolischen Kirche noch völlig aus.

Dr. Olaf S...: Ja, also ich möchte das auch nochmal unterstreichen. Im Buch Fragen und Antworten und zwar im 6. Teil die Frage 167 'Wer ist die Neuapostolische Kirche?' wird ganz klar gesagt: die Neuapostolische Kirche ist die Kirche Jesu Christi. Und weiter unten heißt es dann auch noch. In dieser Kirche, die eine Gemeinschaft der Apostel usw. darstellt, sind die in Christo wiedergeboren, ich gebe das jetzt sinngemäß weiter, als das wiederaufgerichtete Erlösungswerk des Herrn wird sie vom Heiligen Geist regiert. Und damit ist ganz klar für jeden Gläubigen zum Ausdruck gebracht, daß nur die Neuapostolische Kirche ins Himmelreich führt.

Prof. H. Obst: Und das ist der Punkt, Herr Dr. S..., das ist der Punkt wo alle christlichen Kirchen der Tradition der Neuapostolischen Kirche entschieden widersprechen. Daß sie einen derartig exklusiven Heilsanspruch erhebt, der in der Konsequenz bedeutet, daß es 1700 Jahre lang, als es in der Christenheit keine Apostel gab, keine Kirche Jesu Christi im Vollsinn auf Erden gegeben hat. Hier sind wir beim Nerv der theologischen Auseinandersetzung aus meiner Sicht.

Bi. O...: Genauso sehe ich das auch. Sie sagten eben: Kirche im Vollsinn. Und ich glaube da sind wir genau bei einem der Kernbegriffe die aber in allen Kirchen sehr kontrovers diskutiert werden: Was ist Kirche. Das Kirchenverständnis der Neuapostolischen Kirche kann wahrscheinlich in die Nähe des Kirchenverständnisses der Orthodoxie gerückt werden. Die Orthodoxie erkennt die Taufen der anderen christlichen Kirchen durchaus als in der Form richtig vollzogen an. Moderator: Das tun Sie auch?

Bi. O...: Das tun wir auch. Allerdings sagt auch die Orthodoxie, daß eine geistliche Belebung der Taufe erst erfolgt, durch die Myronsalbung. Vergleichbar in etwa der heiligen Versiegelung. Moderator: Sagen Sie schnell, was das ist für die Zuhörer. Bi. O ...: Die Myronsalbung ist eines der drei Initiationssakramente der orthodoxen Kirche. Es war ja anfänglich so, daß die Taufe nicht das alleinige Initiationssakrament war, sondern es kam durchaus die Salbung - die Versiegelung mit dem Heiligen Geist - dazu.

Moderator: Was ist Versiegelung? Was heißt das in der Neuapostolischen Kirche?

Bi. O...: Ja nicht nur in der Neuapostolischen Kirche sondern wir glauben, daß die Versiegelung die Geistverleihung ist, d.h. daß durch Handauflegung Moderator:… die Vermittlung des Heiligen Geistes …

Bi. O...:.ja .... und Gebet eines Apostels der Heilige Geist gespendet wird analog der Worte: Gott ist's aber, also er ist der handelnde, der den Geist, das Pfand in eure Herzen gegeben hat; der euch versiegelt hat. Da steht das Wort Versiegelung ganz explizit. Wir finden es auch nochmal in Epheser 1 ich glaube 13, 14.

Moderator: Und das ist etwas, was nur der Apostel tun kann.

Bi. O...: Das ist etwas, was nur der Apostel tun kann. So wie es in der Orthodoxie nur der Bischof tun kann, wenn ich da recht unterrichtet bin.

Moderator: Und diese Versiegelung zu empfangen ist unabdingbar um, sagen wir mal, vollwertiges Mitglied der Neuapostolischen Kirche zu sein?

Bi. O...: Ja. Die Versiegelung erschließt die volle Mitgliedschaft in der Neuapostolischen Kirche.

Prof. H. Obst: Ich muß hier nochmal bei der Grundfrage einhaken, ohne die Frage der Versiegelung jetzt weiter zu verfolgen - bin natürlich gerne dazu bereit … . Sie haben auf das Beispiel der orthodoxen Kirche hingewiesen. Aber die orthodoxe Kirche, die orthodoxen Kirchen sind Mitglied des Weltrates der Kirchen. Die orthodoxen Kirchen arbeiten trotz ihrer besonderen Lehren in der Ökumene mit. Für die Neuapostolische Kirche ist, wie ich in einer neuesten Stellungnahme lese, eine Mitarbeit in der Ökumene ausgeschlossen. Und hier sind wir wieder bei diesem scharfen alle anderen ausgrenzenden Heilsverständnis, das auch die Versiegelung in dieser Form ans Apostelamt gebunden, Einlaß ist, um ein Kind Gottes zu werden. Wir anderen Christen finden es als außerordentlich beschwerlich, daß die Neuapostolische Kirche nur ihre Glieder als Gottes Kinder bezeichnet und die anderen Christen nicht.

Bi. O...: Ja - Also ich gebe zu, daß unser Kirchenverständnis in jedem Fall ein exklusives ist. Genauso exklusiv, wie das in der Urkirche auch war, wenn man den Apostel Paulus im Brief an die Galater liest, dann waren da auch andere Lehren vorhanden. Und der Apostel hat sich da in aller Vehemenz zu der einen Lehre bekannt. Aber was nun die Frage der Ökumene anbetrifft: Ich glaube da muß man auch die Gegebenheiten sehen. Hier in Deutschland im ACK arbeiten ja nun die beiden Großkirchen mit den kleineren Kirchen zusammen. Und immer wieder kommt es vor, und darüber beschweren sich auch die kleineren Kirchen ganz massiv, daß eben zwischen den beiden Großen Absprachen getroffen werden - und die werden auch veröffentlicht - und dann nachträglich wird auch die Meinung der kleineren Gruppen eingeholt - das mag vielleicht auch daran liegen, daß es hier und da an Experten bei den kleineren Kirchen mangelt - und dennoch ist es dennoch eigentlich eine ökumenische Zusammenarbeit, die mehr oder minder in Absprache zwischen den beiden großen Kirchen geschieht.

Was dann auch noch dazukommt ist, daß die ökumenische Bewegung an Grundsätzlichkeiten eigentlich zu wenig einfordert. Es ist noch nicht einmal um Mitglied zu werden Voraussetzung, daß man sich zu der einen Taufe bekennt. Auch andere Dinge, die immer wieder angemahnt werden, beispielsweise das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel oder von Nizäa. Und das sind einfach Grundlagen wo wir sagen, das muß sein. Ohne das ist's eigentlich kaum noch christliche Kirche.

Prof. H. Obst: Das ist nicht der eigentliche Grund …

Dr. Olaf S...: …aber wenn Sie doch diesen Absolutheitsanspruch haben, dann wollen sie auch gar nicht in der ACK mitarbeiten. Wenn der Stammapostel von einer namenlosen grauen Masse spricht, und damit die Christenheit meint, dann empfinde ich das für mich für sehr verletzend. Und Sie suchen ja auch diese Abgrenzung zu den anderen. Nicht umsonst ist die Rede von den Gotteskindern, von den Auserwählten, von denen, die selig gemacht werden. Das hört man jeden Sonntag und Mittwoch im Gottesdienst.

Moderator:: Also der Grund, Herr S..., ich will das einfach mal schnell einholen zum Verständnis für die Hörer auch, der das impliziert ist ja eine sagen wir mal eine Enzeiterwartung, eine nahe Endzeiterwartung, wobei die nicht terminiert ist Dr. Olaf Stoffel: … ja aber genau diese Endzeiterwartung schafft ja einen enormen psychischen Druck. Ich will das mal an der Kinderarbeit festmachen.

Moderator:… lassen Sie uns doch bitte mal Herrn Obst oder Sie oder auch Herrn O... erklären, was heißt das, was heißt diese Endzeiterwartung, was sagt die Neuapostolische Kirche dazu?

Dr. Olaf S...: Endzeiterwartung bedeutet, daß eigentlich nur diejenigen mitkommen, die neuapostolisch sind, die das Siegel des Lammes an ihrer Stirn tragen.....

Moderator:..... die kommen zunächst in den Himmel .. .

Dr. Olaf S...: die anderen haben noch eine kleine Chance im sogenannten tausendjährigen Friedensreich, wenn sie dann die Lehre der Apostel annehmen, dann können sie noch irgendwo in himmlischen Bereichen sein, aber nicht so nah wie die anderen, die überwunden haben.

Moderator: Gut aber nach meinen Informationen ist es ja auch so, daß diese Endzeiterwartung nicht also in sehr sehr weiter Ferne eintreffen soll, sondern bald erwartet wird. Herr O..., sie müssen dazu etwas sagen..

Bi. O...: Ja, und dazu kann ich auch etwas sagen, weil daß eben ....

Moderator:… weil es ist ja auch mal schiefgegangen, oder sag' ich mal so etwas lapidar unter Stammapostel Bischoff …

Bi. O...: Unter Stammapostel Bischoff. Ja wobei, schiefgegangen glaube ich nicht die Endzeiterwartung an sich ist. Die Naherwartung der Wiederkunft Christi ist eigentlich etwas, was die Schriften der Apostel als auch die Offenbarung durchzieht. Und diese Naherwartung, die war auch gerade bei Apostel Paulus, da läßt sie sich sehr deutlich nachweisen, auch Apostel Petrus. Aber wir glauben einfach, daß diese Naherwartung auch in den Kirchen etwas zurückgedrängt worden ist. Wahrscheinlich auch aus gutem Grund. Man hat den geschichtlichen Ablauf gesehen, man hat die Zeitabfolge gesehen, und hat dann die Naherwartung nicht mehr so in den Vordergrund gerückt.

Das ist bei uns anders. Wir stellen das ganz klar in den Vordergrund, und wenn Sie Stammapostel Bischoff ansprechen, wissen Sie, wir können das auch gegenwärtig nicht erklären, das sage ich in aller Offenheit, was da geschehen ist. Das war den Gläubigen damals ein Bedürfnis das zu glauben; natürlich nicht allen, denen die gegangen sind mit Sicherheit nicht. Und als Stammapostel Bischoff dann starb, sich die Botschaft nicht erfüllte....

Moderator:… also er hatte die Botschaft, der Erlöser wird noch zu meinen Lebzeiten kommen, und er ist dann gestorben ..

Dr. Olaf S...:…aber das ist doch nicht der Punkt, der Punkt ist doch daß wir heute ....

Bi. O...:… darf ich vielleicht nochmal ganz kurz das noch zu Ende führen? Als Stammapostel Bischoff dann starb, und sich die Botschaft nicht erfüllte, dann hat sich dennoch nicht die wirkliche Naherwartung verflüchtigt, sondern wir bekennen uns auch heute absolut dazu, daß wir täglich auf das Wiederkommen Christi warten.

Dr. Olaf S...: .. aber das ist doch nicht der Punkt, Herr O.... Der Punkt ist, daß heute Stammapostel Fehr sagt, in der Januarausgabe wird das explizit gesagt, in der Zeitschrift 'Unsere Familie', die Botschaft des Stammapostel Bischoff ist göttlich, daß heißt Gott hat seinen Ratschlußplan geändert, er hat sich geirrt und nicht die Neuapostolische Kirche, und das ist für mich ein unglaublicher Grad an Vermessenheit. Und daß sie an Gläubigen auch vorenthalten, daß es nicht die erste Botschaft ist, die sozusagen falsch gelaufen ist; es hat schon früher unter Stammapostel Niehaus Botschaften gegeben. Prophezeiungen, die sich nicht erfüllt haben. Die Kirche stellt das immer so hin, es sei eine Botschaft gewesen, die war falsch.

Bi. O...:…gut, die anderen sind mir auch im Detail nicht bekannt , wobei es solche Botschaften, daß muß man ganz klar sehen, auch in der Evangelischen Kirche gegeben hat. Bei Bengel waren die genauso vorhanden …

Prof. H. Obst: Die hat es gegeben....

Dr. Olaf S...: Aber dieser Absolutheitsanspruch, den sie dann an ihre Gläubigen verkaufen, der ist ja problematisch. Und er äußert sich .. in vielen psychosomatischen Krankheiten, die Gläubige haben. Und wenn ich die Kinderarbeit betrachte, die Sie durchführen, ich habe genügend Dokumente, um das zu belegen, dann ist das reine Manipulation. Sie setzten Psychologie ein, neurolinguistisches Programmieren, um Kinder schon mit 6-7 Jahren so programmiert zu haben, daß sie nur auf die Lehre fokussiert sind. Ein Beispiel hierzu ....

Moderator: ehm…

Dr. Olaf S...: …kann ich das grad' noch ausführen..

Moderator: Dann holen Sie auch noch ein, nach diesem Beispiel, was Sie mit dem Absolutheitsanspruch meinen.

Dr. Olaf S...: Gut. Prof. H. Obst: Da lege ich auch noch Wert darauf.

Moderator: Aber lassen Sie bitte noch Dr. S... weiterreden …

Dr. Olaf S...: … kann ich das bitte noch zu Ende führen, dann sind Sie dran. Jeden Monat muß ein Lied gelernt werden, in der Sonntagsschule, ich kann das hier belegen, und eines davon heißt z.B.: Unser Seelenhirt der Stammapostel ist der Hirt, er führt uns alle weise, er liebt uns sehr und bittet Gott um gute Seelenspeise.' Und das geht so weiter… vom Sinn her gesehen. Auch hier die Verehrung, die Vergötterung eines Menschen. Es heißt nicht, Jesus ist unser Hirt, sondern der Stammapostel, so setzt sich das fort, und gleichzeitig werden den Kindern Geschichten verkauft, die abiblisch sind. Auch das kann ich belegen an den Dokumenten, die ich dabei habe. Es werden irgendwelche Märchen erzählt, um Apostel Petrus oder um andere Apostel, um den Kindern die Lehre zu verkaufen. Und es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, denn so geht es weiter, bis in die Jugendarbeit hinein, bis in die Gemeindegottesdienste.

Bi. O...: Aber da muß ich dann doch vielleicht etwas aus der praktischen Seelsorge ein wenig dazu sagen.

Prof. H. Obst: Ich meine aber, wir sind noch bei einer Grundsatzfrage. Die Frage der praktischen Seelsorge sollte noch kommen. Ich lege aber Wert darauf, daß wir noch einmal bei der Grundfrage....

Moderator: Herr O..., können Sie das einfach so lange zurückstellen?

Bi. O...: Ja ja, selbstverständlich.

Prof. H. Obst:… des Selbstverständnisses der Neuapostolischen Kirche stehenbleiben. Wie es sich im Fall Bischoff zeigt. Ich gebe Ihnen völlig recht, daß in den anderen großen Kirchen die Naherwartung vernachlässigt worden ist, und sage deshalb, daß die Frage der Naherwartung nicht zu den Hauptdifferenzpunkten zwischen der Neuapostolischen Kirche und den anderen Kirchen gehört.

Aber die Einbindung und Anbindung der Naherwartung an das heilsvermittelnde Amt des Stammapostels, das ist die Grundsatzfrage, wie es deutlich wurde, als der Stammapostel Bischoff mit im hohen Alter von 80 Jahren verkündete, der Herr werde zu seinen Lebzeiten wiederkommen und als das nach 10 Jahren nicht eintrat, die Neuapostolische Kirche nicht gesagt hat und bis heute nicht sagt, der Stammapostel habe sich geirrt, sondern der Herr, Gott habe seinen Willen geändert, und dahinter steht für mich das Prinzip, daß ich aus der Kirchengeschichte von der katholischen Kirche kenne, die Kirche irrt nie, die Kirche hat immer recht, und was ich als früherer Bürger der DDR kenne: die Partei hat immer recht. Und hier ist für mich der eigentliche Knackpunkt. Daß die Neuapostolische Kirche von ihrem Selbstverständnis her nicht bußfähig ist.

Bi. O...: Hmm. Also, ich stimme mit Ihnen voll und ganz darin überein, daß Gott sich nicht geirrt haben kann. Das ist meine ganz persönliche Überzeugung. Gott ist kein Mensch, Gott kann nicht lügen. Und wenn wir jetzt an diese Frage kommen, hat sich die Kirche geirrt?

Wissen Sie, ich selbst hab' in der Zeit nicht gelebt, als das gewesen ist. Ich habe das von den Eltern, auch von anderen, die damals in der Zeit gelebt haben gehört, und die haben mir ganz klar gesagt: Wir haben das absolut geglaubt. Ich kann mich da nicht zum Richter über den Glauben der Vorgänger aufwerfen. Aber für mich ist eins ganz klar und ich denke, dazu steht auch die Kirche: daß Gott sich nicht geirrt haben kann.

Moderator: Was wäre denn so schlimm daran für die Neuapostolische Kirche heute zu sage, na gut, da hat sich der Stammapostel geirrt. Was wäre da so tragisch? Und damit wäre das Problem ja aus der Welt geschaffen. Bi. O ...: Also ich glaube, man sieht das ganze halt in der ja in der Kopplung mit dem Anspruch einer Unfehlbarkeit. Und diesen Unfehlbarkeitsanspruch, den man vom Papst her kennt, hat das Stammapostelamt bei uns nicht.

Dr. Olaf S...: Da möchte ich widersprechen.

Moderator: Sie dürfen gleich. Lassen Sie Ihn kurz ausreden.

Bi. O...: Der Stammapostel ist Mensch und ist als Mensch genauso fehlerhaft wie jeder andere auch. Und ich glaube aber, wenn man jetzt in die damalige Zeit zurückschaut, Stammapostel Bischoff, der in der Kirche steht..... Moderator:…das war in den 50er Jahren glaube ich …

Bi. O...: ja ja, 50er Jahre. 1960 ist er dann heimgegangen. Ich glaube, daß Stammapostel Bischoff, also jetzt von meiner persönlichen Auffassung her, ganz fest an die Botschaft geglaubt haben muß. Denn sein Sohn war Bezirksapostel, war auch damals Inhaber des Verlages, und er mußte sich im klaren sein, wenn das nicht eintritt, dann kann die ganze Sache auseinandergesprengt werden. So war das ja damals auch gesehen worden.

Prof. H. Obst: Subjektiv sicher, subjektiv sicher.

Moderator: Die Kirche ist ja auch in große Probleme gekommen dann …

Bi. O...: Deswegen bin ich mir sicher, daß er subjektiv davon 100% überzeugt war.

Prof. H. Obst: Das zweifle ich auch nicht an.

Dr. Olaf S...: Ich möchte da gerne nochmal einhaken. Es gibt genügend Literatur und ich habe auch einiges zitiert. Der Stammapostel wird als der Repräsentant des Herrn auf der Erde gesehen. Und seine Machtfülle ist unglaublich groß; sie übersteigt die Machtfülle des Papstes bei weitem. Das ist das eine. Und das andere ist, ich zitiere einen Gottesdienst den der Stammapostel in Evreux in Frankreich gehalten hat. Eine kurze Passage. Ich fasse mal sinngemäß zusammen.

Da stellt er selbst die mehr oder minder gemeinte rhethorische Frage: Ist das Wort vom Altar göttlich oder nicht? Und dann sagt er. Wir sollen uns gar keine Gedanken darüber machen, ob es göttlich sein oder nicht, so sinngemäß, es sei einfach anzunehmen von den Gläubigen, weil es es sozusagen vom Heiligen Geist inspiriert sein. Die Botschaft lautet für mich: denk nicht drüber nach, nimm es so auf, setzt Deinen Verstand nicht ein, ja und wenn ich das tue, dann bleibe ich natürlich treu und brav in der Neuapostolischen Kirche, Herr O....

Dann bleibe ich auf dieser Schiene, Kritik ist ja nicht erlaubt, auch da sagt der Stammapostel Fehr, Kritik kommt in der Bibel nicht vor, folglich ist es dann auch nicht zugelassen. Da kann ich genausogut sagen, das Wort Waschmaschine kommt in der Bibel nicht vor und dementsprechend darf es nicht in meinem Bewußtsein sein.

Bi. O...: Na, die Argumentation war ein wenig unsachlich. Ausgehend von der Passage des Gottesdienstes .....

Dr. Olaf S...: … kann ich zitieren, ist kein Problem …

Bi. O...:.. ja, ja, ja, ja, aber ich glaube nicht, daß von neuapostolischen Christen verlangt wird, wenn die in die Kirche gehen, daß sie zuerst mal ihren Verstand an der Kirchentüre abgeben. Wissen Sie ich bin selbst auch kein unkritischer Mensch. Als Stammapostel Fehr gesagt hat, daß das Wort Kritik nicht in der Bibel steht, hat er, wenn wir auf die Lutherbibel schauen, recht, in der King James Bibel mit Sicherheit auch recht. Aber ich glaube nicht, daß man sagen kann, es soll alles unkritisch geschluckt werden. Ansonsten wäre es ja auch nie zu Lehrveränderungen gekommen im Laufe der Zeit …

Moderator:.. ja gut. Aber Herr O..., ich glaube was gemeint damit ist, ist doch, was sich auch findet in den Schriften, auch in dem Katechismus, sage ich mal, doch diese Gehorsamspflicht. Ich als evangelischer, als protestantischer Christ habe diese Pflicht nicht. Ich kann wenn mir die Aussagen des einen Pfarrers nicht passen und dann sage ich, das ist Quatsch, was der erzählt, oder das ist Quatsch, was jener Dekan erzählt, und ich darf auch sagen es ist Quatsch, wenn ich der Meinung bin, was der Kirchenpräsident erzählt, und guck mir den Pfarrer aus und geh' bei dem in die Kirche, mit dessen Meinung auch mit dessen theologischen Ansichten ich halt sympathisiere und diese Freiheit hat keine negativen Auswirkungen auf meinen Status innerhalb der Gemeinschaft.

Vielleicht werde ich dann in meiner Gemeinde nicht zum Presbyter gewählt, weil die anderer Meinung sind, aber ich werde nicht von Ausschluß bedroht oder von nun von anderen Nachteilen irgendwie bedroht. Das scheint mir schon ein bedeutsamer Unterschied zu sein.

Bi. O...: Das kommt darauf an. Man kann auch in der evangelischen Kirche ....

Moderator:.. also was meint diese Gehorsamspflicht?

Bi. O...: Ja man kann auch in der evangelischen Kirche nicht einfach sagen was man will, wenn es den Bekenntnissen widerspricht - man hat das jüngst nach an dem Fernsehpfarrer gesehen, der auch wegen seiner Äußerungen einbestellt worden ist, die eben nicht mehr deckungsgleich mit der Lehre waren. Also irgendwo gibt es schon Grenzen. Aber ich glaube nicht, die Gehorsamspflicht heißt, alles einfach kritiklos schlucken und das ist eben das, was da auch eben so ein bißchen vorgeworfen wurde.

Der Stammapostel, als der eine Hirt und was der sagt, muß absolut geschluckt werden. Nein, ich glaube auch daß diese Bild, was da verwendet worden ist, was auch den Kindern vermittelt wird, daß dieses Bild aber immer unter der Prämisse steht, ich bin der gute Hirte, und das ist ganz klar Jesus Christus. Aber, und das ist auch die Übertragung, die wir in Bezug auf das Stammapostelamt machen, ausgehend von Johannes 20, dem Weideauftrag, den Jesus dem Petrus gab, weide meine Lämmer, weide meine Schafe, aber ich hab' selbst auch drei Kinder, die in der Vorsonntagsschule bzw. Sonntagsschule sind. Und das kann ich also in aller Offenheit sagen. Wir beten zu Gott und wir haben Christus als unseren Hirten. Und den Stammapostel haben wir lieb.

Moderator: Herr O.... Die Frage ist doch, wo verläuft die Trennungslinie in dieser Gehorsamspflicht. Also, da können wir nicht drüber diskutieren. Wenn Du die nicht unterschreiben kannst, dann gehörst Du nicht dazu. Insofern kann ich sowas natürlich verstehen und auch akzeptieren. Die Frage ist aber, ja und das scheint mir strittig zu sein,

Dr. Olaf S...: ich möchte gerne was dazu sagen …

Moderator:… daß das viel weiter geht, als das überhaupt vom theologischen Fundament her notwendig war.

Dr. Olaf S...: also ich muß da dezidiert was dagegen sagen. Ich will ein paar Zitate bringen, die in der Neuapostolischen Kirche gerne verwendet werden. Zum Beispiel: 'Der Verstand drückt den Glauben an die Wand', oder 'Nachfolge ist alles, alles andere ist Leerlauf', und in den Richtlinien für Amtsträger wird das sehr deutlich gemacht, daß die absolute Gehorsamspflicht gegenüber den Vorangängern da ist und wenn sie es wagen, in irgendeiner Form Kritik zu artikulieren, werden sie sehr schnell an ihre Grenzen kommen.

Das habe ich persönlich erlebt, das haben viele Amtsträger erlebt, die inzwischen gegangen sind. Und ich habe vorhin auch schon zitiert, das Lied über den Stammapostel, auch die NAKI-Statuten, da wird ganz klar zum Ausdruck gebracht, daß der Stammapostel ein absolutistischer Herrscher ist. Und ich möchte einmal erleben, daß ein Apostel dem Stammapostel widerspricht, er wird es nicht wagen, sonst wird er exkommuniziert werden.

Da gibt es genügend Beispiele aus der Geschichte, wenn sie an die 50er Jahre denken, als Stammapostelhelfer Kuhlen es gewagt hat, zu sagen, daß die Botschaft relativiert gesehen werden muß. Da wurden tausende von Geschwistern ausgeschlossen. Er hat regelrecht darum gebettelt, daß man ihn wieder aufnimmt in den großen Kreis der sogenannten Gotteskinder. Man hat es nicht gemacht.

Man hat Brückner ausgeschlossen in den 20er Jahren, man hat sich negativ auseinandergesetzt mit Herrn Rockenfelder in den 80er Jahren. Es gibt ungefähr 80 Spaltungen der Neuapostolischen Kirche und die sprechen für sich. Also das möchte ich grad' nochmal sagen.

Prof. H. Obst: Das Grundproblem, was noch einmal theologisch dahinter steht, und auch die Grundgefahr, die ich sehe, ist folgende. Wo das Heil, die Vermittlung des Heiles an die Vermittlung durch Amtsträger und Personen gebunden wird, besteht immer die Gefahr, daß es zu einer Verwechslung kommt. Daß die Amtsträger an die Stelle Gottes treten und daß die Amtsträger, da sie Menschen sind, ihre Macht mißbrauchen. Und deshalb ist es die große Botschaft der Reformation, der lutherischen Reformation, daß der Mensch unmittelbar vor Gott steht. Um es im Bilde zu sagen.

Nach neuapostolischem Verständnis, im gewissen Sinne auch nach katholischem Verständnis, kommt man zum Chef nur durch sein Vorzimmer. Und die dort sitzen sagen ja oder nein. Nach reformatorischen Vorstellungen ist dieses Vorzimmer abgeschafft und jeder hat unmittelbaren Zugang wie man früher an den Kaiser ein Emittiatgesuch richten konnte. Und hier sehe ich einmal die Struktur, und hier sehe ich natürlich die Gefahr eines solchen Systems.

Bi. O...: Also daß solche Gefahren in jedem Fall bestehen können, darüber sind wir völlig eins. Das hat auch die Geschichte gelehrt. Wo eben das papalistische System teilweise auch wirklich zu einer absoluten Monarchie geführt hat und zu einer absoluten Diktatur, womit ich aber die Kirche damals keinesfalls angreifen will. Ich weiß nicht, wie die Zeitverhältnisse damals waren. Aber ich selbst lebe nun wirklich mitten in der Kirche drin, und lebe auch in meinem durchaus demokratisch geprägtem Umfeld hier in unserem Land und ich muß ehrlich sagen, ich habe öfters Kritik geübt, ich habe öfters auch meine Meinung gesagt, gerade dann, wenn sie abweichend war. Auch von der meines Vorangängers. Aber ich bin deshalb bis heute nicht exkommuniziert worden. Und ich hoffe, daß das jetzt auch nach dieser Äußerung nicht passiert.

Dr. Olaf S...: Also Herr O..., ich kann Ihnen das einfach nicht abnehmen. Weil ich diese Herrschaftsstrukturen sehr klar erlebt habe auch bei höheren Amtsträgern. Und das Grundprinzip ist diese Nachfolge bis zuletzt im wahrsten Sinne des Wortes. Und wenn ich diese Nachfolge nicht einhalte, dann habe ich mit Sanktionen zu rechnen. Und das sehen sie auch bei der Ämterrekrutierung.

Moderator: Sie waren ja zehn Jahre lang Priester, Herr Dr. S..., was war denn der Knackpunkt ihres aussteigens?

Dr. Olaf S...: Ich möchte ein paar Punkte nennen. Der erste Punkte ist, daß man uns die Kirchengeschichte verheimlicht hat. Weder der Verlag, ich weise auch explizit darauf hin, rückt einfach Informationen heraus noch kommt man sonst heran.

Ich bin, und verweise auf das Buch von Herrn Obst, dankenswerterweise an diese Quellen herangekommen. Habe erst dann gemerkt, wie schwierig, wie problematisch die Geschichte der Neuapostolischen Kirche ist, wieviel verdrängt, verleugnet wird in meinen Augen. Das war der erste Aspekt. Ich habe versucht, diese Kirchengeschichte heranzubringen an die Geschwister, an die sogenannten Vorangänger; eisiges Schweigen hat mich getroffen.

Man wollte nicht mit mir darüber reden, denken Sie an die Botschaft von Stammapostel Bischoff. Die zweite Schiene war, daß ich gemerkt hab', wie das System Menschen erniedrigt. Ihnen ihre Autonomie nimmt, wie Kinder behandelt und mißhandelt werden in meinen Augen, siehe Sonntagsschule und Sonntagsvorschule; auch da fühle ich mich als Täter.

Ich war selbst einmal tätig gewesen in der Sonntagsschule, das war der zweite Strang. Ich konnte auch meine Gedanken nicht entwickeln. Am Schluß hat man mir vorgeworfen, ich hätte protestantisch gedient, nur weil ich es gewagt habe, die Sündenvergebung auszusprechen ohne die Namen der Apostel zu nennen und mich nur auf Christus bezogen habe. Ein dritter Punkt war, daß ich großen Druck bekam. Ein höherer Amtsträger hat mich besucht und hat mir gesagt ich hätte meine Frau nicht im Griff, weil sie einen kirchenkritischen Vortrag besucht hat. Er wurde fast ausfällig in seinen Formulierungen.

Das ist meine persönliche Leiderfahrung, die ich mit vielen anderen teile. Und wenn ich die Chance gehabt hätte, mich zu artikulieren und wenn ein Reformbedarf dagewesen wäre in der Neuapostolischen Kirche, wäre ich möglicherweise geblieben. Aber so sehe ich für mich keine Möglichkeit und Ich kann mir nicht vorstellen, daß man von diesen Dogmen abgeht.

Bi. O...: Ich möchte hier aber - es waren hier jetzt aber ganz persönliche Erfahrungen und gut, ich kenne jetzt Ihren persönlichen Fall nicht. Allein dadurch daß es die Gruppen von Aussteigern gibt - so nennt man sich dann auch selbst - beweist ja, daß es mehrerer solcher Erfahrungen gibt. Aber ich glaube man darf die Kirche jetzt auch nicht auf diese Fälle reduzieren.

Dr. Olaf S...: Es sind nicht nur Fälle, Herr O....

Bi. O...: Darf ich dann vielleicht auch mal.... Es gibt innerhalb der Neuapostolischen Kirche ungleich viel mehr, die ebenso in der Sonntagsschule und in der Vorsonntagsschule sind und die da wirklich glücklich und zufrieden sind. Ich glaube daß darf man jetzt nicht machen, einzelne, sagen wir ruhig Skandale herausgreifen, und mit einer Überzeichnung zu einer Karikatur der Kirche führen. Karrikaturen zu zerschlagen, das ist leicht. Aber ich glaube, und das ist Herrn Professor Obst in seinem Buch wesentlich besser gelungen, daß man wirklich auch die Stärken der Kirche mit sehen muß.

Dr. Olaf S...: Also da muß ich Ihnen nochmal dezidiert widersprechen. Es sind nicht nur Einzelfälle, in denen dingfest gemacht werden kann, wie die Neuapostolische Kirche mit Menschen umgeht. Es ist das ganze System, die Struktur, die dahinter steht. Wenn ein in meinen Augen totalitäres System mit Gläubigen auf eine bestimmte Art und Weise umgeht, dann haben diese Gläubigen nicht das innere Forum, sich zu entfalten wie sie das wollen. Das ist ein generelles, strukturelles Problem, das Ihre Kirche hat....

Moderator: Das ist aber nicht nur die Neuapostolische Kirche, Herr Dr. S... …

Dr. Olaf S...: .... das ist nicht nur die Neuapostolische Kirche …

Moderator:…ich sehe nicht, wo die Katholische Kirche nicht vergleichbare Probleme hat.

Dr. Olaf S...: .. ja, darf ich das grade noch kurz sagen, wo der Unterschied liegt? Der Unterschied liegt für mich darin, daß Sie mit dieser Naherwartung einen unheimlichen Druck auf Ihre Gläubigen ausüben. Das dieser Druck soweit geht, daß Kinder wenn sie alleine sind Angst haben, daß ihre Eltern schon entrückt worden seinen, bloß weil die gerade zum einkaufen gegangen sind. Und das ist für mich ein ganz großer Unterschied zu den großen Kirchen.

Und ich muß auch nochmal einen anderen Aspekt aufgreifen. In der Evangelischen und Katholischen Kirche kann ich mich als Christ entfalten. Ich habe Möglichkeiten, mich zu entwickeln. Ich kann mich herantasten an Jesus Christus, den ich für den Erlöser halte. Das kann ich bei Ihnen nicht, Herr O....

Bi. O...: Also …

Dr. Olaf S...: Da gibt es ganz klare Vorgaben.

Bi. O...: Also das stimmt nicht! Das stimmt nicht....

Prof. H. Obst: Wir müssen natürlich bei diesen Fragen mit dem Phänomen leben, daß die Neuapostolische Kirche nur eine Kirche mit autoritären Strukturen ist und zweifellos aus meiner Sicht. Aber in einer pluralistischen Gesellschaft müssen wir dies grundsätzlich, grundsätzlich auch tolerieren. Haben freilich die Pflicht, dies auch kritisch zu begleiten.

Und das betrifft nicht nur die Neuapostolische Kirche, sondern auch alle Gruppen überhaupt alle Kirchen. Ich bin in manchem etwas vorsichtig, aus Erfahrungen, die wir in der DDR haben. Daß man nur eine liberale Religion als Religion anerkennt. Sondern es gibt eben auch durchaus sehr verbindliche und sehr zugeschnittene Formen von Religiosität im Christentum und wie wir ja wissen, auch außerhalb des Christentums. Nur daß wir uns grundsätzlich in dieser Diskussion natürlich auch immer hineingestellt wissen in den religiösen Pluralismus unserer Zeit mit seinen Problemen.

Bi. O...: Ja, ich glaube das ist auch ganz wichtig. Denn man darf ja nicht vergessen, die Kirche muß doch auch irgendwo positive Aspekte haben, wenn sie auch durchaus so anziehen ist …

Moderator: Hat sie jetzt in Deutschland 4 oder 500 000 Mitglieder, ich weiß nicht, gibt es Zahlen…

Bi. O...: Ca. 400.000, ja.

Moderator:.. und weltweit etwas neun Millionen, stimmt das?

Bi. O...: Ja, geht gegen die neun Millionen, wobei das eben auch im ständigen Wachstum begriffen ist.

Dr. Olaf S...: Aber Sie machen sich doch die Systemstrukturen zunutze, Herr O.... In Deutschland sind ja die Zahlen rückläufig, das läßt sich leicht belegen. Aber in den Ländern der zweiten und dritten Welt treffen Sie auf psychische Strukturen, die Menschen zum teil gewöhnt sind. Wenn Sie dieses absolute Heilsversprechen machen, dann kommen natürlich hunderte, tausende - die werden dann aufgenommen in den Schoß der Gemeinde, dann, würde ich sagen, ist das nicht eine Leistung der Neuapostolischen Kirche,

sondern es ist die Art und Weise, wie Sie an diese Menschen herantreten und Ihre Broschüre 'Wege zu den Mitmenschen' spricht ja Bände, wie sie auf ganz raffinierte psychologische Art und Weise versuchen, flirty fishing zu machen, sage ich mal, versuchen, Menschen zu ködern, wenn ich hier z.B. lese, ich spreche meinen Partner in seiner Sprache an, so ist das für mich knallharte neurolinguistisches programmieren, ich könnte hier tausend verfängliche Zitate bringen. Und wenn eine Kirche dann darauf abhebt, daß sie Psychologie einsetzt, Herr Obst und ich haben vorhin darüber gesprochen, dann muß ich die Frage stellen lassen, ob das nicht ein Armutszeugnis ist.

Moderator: Ja aber jemand in seiner eigenen Sprache anzureden ist ja eigentlich etwas normales, was jeder auch wiederum tut, der versucht, einfühlsam auf jemand anderen einzugehen....

Bi. O...: Und ich glaube das ist auch notwendig.....

Moderator: Die Frage ist, wo liegen da die Grenzen ....

Dr. Olaf S...: … die Grenzen liegen darin, in der Intension. Hier versuche ich bewußt, Mitglieder zu werben ohne ihnen sozusagen die Karten auf den Tisch zu legen, was sie erwartet in der Neuapostolischen Kirche.

Bi. O...: Nein, aber sehen Sie. Ich glaub' das hängt auch mit dem Kirchenverständnis zusammen. Ich glaube nicht, daß es ein, ja, psychologisierendes fischen ist, daß man unbedingt die Leute an der Angel haben will, sondern es ist wirklich, weil wir überzeugt sind, daß die Kirche der Weg ist, den Christus gelegt hat. Deswegen ist es eigentlich sogar unsere Pflicht, einzuladen. Aber das heißt nicht, daß jeder mit dem ....

Prof. H. Obst: Nur Ihre Kirche, nur die Neuapostolische Kirche. Und hier ist ja die große Schwierigkeit, daß die Neuapostolische Kirche zum großen Teil versucht, dort zu ernten, wo sie nicht gesät hat. Auch in der dritten Welt gewinnt die Neuapostolische Kirche vornehmlich nicht Nichtchristen, sondern sie gewinnt vornehmlich die Christen aus den schon vorhandenen Kirchen, eben mit diesem aus meiner Sicht gerade dort zweifelhaften Anspruch, neue Apostel zu besitzen. Und dieser Apostelanspruch, das ist ja an sich das fragwürdige.

Moderator: Aber Herr Professor Obst, müssen wir uns, also wir, das heißt jetzt mal die Evangelische oder die Katholische Kirche, natürlich auch fragen, was machen wir denn falsch? Prof. H. Obst: Deshalb vertrete ich die Meinung, daß die Großkirchen z.B. von der Neuapostolischen Kirche und anderen Kirchen durchaus punktuell verschiedenes lernen können und sollen.

Moderator: Zum Beispiel?

Prof. H. Obst: Zum Beispiel eine die intensive persönliche Art der Betreuung von Gemeindegliedern ohne in die Fehler zu verfallen, auf die Herr S... aus seinem … Erleben …

Moderator:… als Überwachungsterror …

Prof. H. Obst:.. ja das ist aber ein Entweder-oder, was so nicht sein muß.

Dr. Olaf S...: Ich würde gerne fünf Punkte bitte noch ansprechen, und zwar sind in meinen Augen verschiedene Dinge, die die neuapostolische Kirche so anziehend machen. Und damit in meinen Augen auch so verwerflich.

Zu einen das Bedürfnis, nach völliger Heilsgewißheit. Die NAK verspricht …ihren Gläubigen ......

Bi. O ...:..nein, das geht hier ....

Dr. Olaf S...:… lassen Sie mich bitte… lassen Sie mich bitte ausreden, Herr O..., daß sie ins Himmelreich kommen, wenn sie das Dogmensystem verinnerlichen und entsprechend handeln. Die völlige Heilsgewißheit hat der Stammapostel schon so oft angesprochen, ich könnte Ihnen 20, 30 Zitate ad hoc sagen.

Der zweite Punkt den ich ansprechen möchte, ist das Bedürfnis nach einer überschaubaren antrogonistisch ausgerichteten Welt. Sehnsüchte werden da geweckt nach Eindeutigkeit wie wir sie in Märchen und Mythen wiederfinden. Die Schafherde Jesu Christi kämpft gegen die Feinde da draußen in der Welt.

Der dritte Aspekt: Verehrung von göttlichen Gestalten. Wir Deutschen haben es an uns, und auch andere Völker zum Teil, daß wir offenbar Menschen brauchen, die uns sozusagen vorangehen, das sind die Apostel. Wenn man Gottesdienste verfolgt, ist dieser Ämterkult manchmal grauenhaft. Man läuft im Gänsemarsch nach vorne, das erinnert mich an eine dunkle Zeit Herr O....

Und der vierte Punkt ist die Statusdarstellung. Ich kann einen Posten bekommen als Dirigent. Das ist attraktiv für mich. Ich kann vielleicht in ein höheres Amt kommen.

Nur den Frauen macht man es schwer. Die sind zum Kirche putzen da und verfügbar für die sexuellen Bedürfnisse ihres Mannes, darüber hinaus …

Bi. O..: Eu! Das war aber arg unter der Gürtellinie! Das war niveaulos, Entschuldigung!

Dr. Olaf S...: … haben sie nicht sehr viel zu leisten.

Und fünfter Punkt. Lassen Sie mich bitte noch den fünften Punkt nennen …

Bi. O...: Bitte etwas sachlicher.

Moderator: Also wir halten fest: es gibt Ämter für Frauen in der neuapostolischen Kirche.

Dr. Olaf S...: Also das ist ja auch schon mal sehr deutlich.

Und der fünfte Punkt: die Gemeinschaft der Heiligen unter dem Motto: nicht nachdenken, nur nachfolgen. Gibt man sich mit seinesgleichen im Schoß der Gemeinde; man hat zwar Kontakte nach außen, die werden aber nur verfolgt, wenn es darum geht, neue Mitglieder zu werben. Und das sind für mich fünf zentrale Punkte, die ich ansprechen wollte.

Bi. O...: Auf zwei Argumente möchte ich nicht eingehen, weil die wirklich unter der Gürtellinie waren auch die Sache mit den dunklen Punkten in der Geschichte. Also ich glaub', das war nicht ganz dem allgemeinen …

Dr. Olaf S...:… die lassen sich zeigen, die dunklen Punkte, Herr O..., das ist kein Problem.

Bi. O...: ja, ja ..

Dr. Olaf S...:.. denken Sie an's dritte Reich.. .

Bi. O...:.. wir sprachen eben über die Dokumentation von Ernst Klee vor diesem Gespräch. Ich glaube, darüber brauchen wir uns jetzt nicht zu unterhalten. Nein, was nicht richtig ist, ist einfach daß gesagt wird: nicht nachdenken, einfach nachfolgen. Sondern eine der Rubriken in unserer Zeitschrift heißt nachdenken … nachfolgen. Und ich bin auch davon überzeugt, daß klang einige Male an, daß diese Sache, die von Stammapostel Streckeisen kommt: Nachfolge bis zuletzt, alles andere ist Leerlauf, eben nicht heißt, daß ich als Bischof meinem Apostel ungeachtet des Evangeliums blindlings hinterherzulaufen habe, mit Scheuklappen, sondern es geht um die Nachfolge Christi.

Dr. Olaf S...: Aber das zeigt sich ja in den Schriften anders, Herr O..., ganz anders. Da ist die Nachfolge an den Stammapostel gefordert. Christus wird zwar erwähnt, auch in den Gottesdiensten, das macht es ja so gefährlich, daß sie eine Mischung haben zwischen christlichen Allgemeinplätzen und spezifischer NAK-Lehre. Und wer in den Gästegottesdienst kommt, durchblickt diese Mechanismen gar nicht. Und das ist auch ein Grund dafür, daß manche Gläubigen sich dann darauf einlassen, die von Außen kommen.

Bi. O...: Ich möcht' vielleicht ein Bild in Richtung Nachfolge sagen, das sehr oft verwendet wird. Da wird die Sache mit Abraham, der seinen Knecht Elieser geschickt hat, die Braut zu werben. Die Rebekka kommt dann nachher zum Isaak. Der Brautwerber, unter dem im Bild oft das Apostelamt gesehen wird, mit dem Stammapostel. Der Brautwerber Elieser hat die Rebekka geworben, aber nicht für sich. Sondern für den Bräutigam. Und das, ich weiß nicht, wie sie das erlebt haben, aber ich habe wirklich das empfinden, daß bei uns im Gottesdienst Christus sein Opfer und Gottes Wort im Mittelpunkt stehen. Das ist mein persönliches Empfinden.

Dr. Olaf S...: Und wie erklären Sie sich dann diesen Ämterkult der immer gemacht wird bei den Großveranstaltungen, wenn Stammapostel Fehr dient? Also für mich ist das ein krasser Widerspruch zu Ihren Aussagen. Und was ich vorher angedeutet habe, diese Analogie zu einer dunklen Zeit, dann schauen Sie sich mal große Gottesdienste an, in denen Stammapostel Fehr dient. Da laufen die Apostel hinterher zum Altar und hinterher wird zelebriert, wie schön der Stammapostel den Gottesdienst gehalten hat. Er wird ja fast jedesmal gelobt.

Bi. O...: Also ich glaube …

Moderator: Herr Dr. S.... Das gibt es doch, wenn ich jetzt mal von außen als Nichtchrist sagen wir mal katholische Zeremonie angucke, kann ich vergleichbare Choreographien, sage ich jetzt bewußt mal, beobachten …

Dr. Olaf S...: Aber da weiß man, daß es so ist.

Prof. H. Obst: Das ist mein Anliegen, Herr Schneider. Es kommt ja immer darauf an, von welcher Seite her man diese Phänomene betrachtet und wir leben heute ja in einer Zeit, und ich komme aus einem Gebiet, wo die Mehrheit der Bevölkerung zum Christentum keinerlei Verhältnis mehr hat, und zu allen christlichen Kirchen und Gruppen zunehmend gleichermaßen kritisch ist.

Und das müssen alle diese Gruppen, auch die Großkirchen lernen, unter diesen Bedingungen umzugehen, sich transparent zu machen, und ich kann der Neuapostolischen Kirche nur dringend raten, mehr Transparenz zu zeigen und wenn das so ist, wie sie sagen, daß es auf Christus primär ankommt, was ich als evangelischer Theologe mit Freude höre, dann kann ich nur sagen, machen Sie das öffentlich und auch glaubhaft transparent.

Bi. O...: Ich glaube das ist eine der wesentlichen Aufgaben.

Moderator: Was mich sehr interessiert, ist denn, und die Frage geht natürlich auch an Sie beide. Ist denn die neuapostolische Kirche in den 100 Jahren - plus minus - ihres Bestehens ein unveränderter eratischer Block gewesen, oder, daß es nicht war haben wir zumindest am Anfang zu den Ausblicken ihrer Geschichte gehört, nein die Frage ist, gibt es Reformen, gibt es interne Diskussionen, hat es in den letzen fünf oder in diesen letzten zehn Jahren Veränderungen gegeben, die natürlich auch dann reflektieren auf veränderte gesellschaftliche Bedingungen?

Bi. O...: Mit ganz großer Sicherheit. Sehen Sie, am Anfang war die Kirche weitgehend im deutschsprachigen Raum vertreten. Mit dem weltweiten Wachstum, war das ganz zwangsläufig, daß sich auch Veränderungen ergeben hatten. Früher hatten wir unsere gute alte Lutherbibel in der Überarbeitung von 1912, und darauf fußte die ganze Lehre. Jetzt muß man auch sehen, wie ist es denn eigentlich in anderen Übersetzungen? Also gerade das weltweite Wachstum, das stellt uns vor eine ganz große Herausforderung, wie Sie auch in Ihrem Buch ganz richtig geschrieben haben. Das ist die Aufgabe der Zukunft.

Dr. Olaf S...: Sie haben sich immer an die jeweiligen Systeme perfekt angepasst. Ans dritte Reich, auch jetzt an die Demokratie, da tut sich die neuapostolische Kirche besonders schwer, ich zitiere jetzt auch einmal die Situation der Aussteiger. Wenn Kritik gebracht wird, gibt es kein Forum innerhalb der Neuapostolische Kirche, wo man diskutieren kann. Und da sehe ich einfach auch wieder dieses absolutistische System.

Prof. H. Obst: Zweifellos hat es Veränderungen in der Neuapostolischen Kirche gegeben, vor allen Dingen im Außenbereich; daß wir hier heute sitzen wäre vor Jahrzehnten revolutionär gewesen. Die neuapostolische Kirche, diese Prognose möchte ich zum Abschluß wagen, geht trotz ihrer äußeren Erfolge, wenn sie nicht einer Art zweites Vatikanisches Konzil in ihren Reihen erlebt, einer tiefen Krise entgegen.

Das war S2 Forum. Heute mit einer Diskussion über die Neuapostolische Kirche. Gäste im Studio waren, Olaf S..., Gerd O... und Helmut Obst. Gesprächsleitung hatte Theo Schneider. P.S.: Das in der Diskussion mehrfach genannte Buch von Prof. H. Obst hat die ISBN-Nummer:3-7615-4945-8 Die Neuapostolische Kirche und ihre Kritiker. Diskussion in S2 Kultur am 09.01.97

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